Weinen & Wüten | Wutanfälle wegen „Nichts“
Heute gibt es eine Besonderheit: Meine Aware Parenting Kollegin Ulrike Bogen ist im Audio mit von der Partie, denn wir haben uns zusammen Gedanken gemacht, wie wir euch den „broken cookie“ bei Kindern gut erklären können…
Kennst du auch diese Wutanfälle wegen Kleinigkeiten?
Sie kommen wie aus dem „Nichts“ und auch oft wegen „Nichts“ – zumindest aus der Sicht von uns Erwachsenen.
Zum Beispiel:
Du holst deine Tochter bei der Freundin ab und du bist 5 Minuten zu früh dran. Deine Tochter ist darüber völlig außer sich und macht ein riesengroßes „Theater“.
Oder:
Das Brot wurde fälschlicherweise durchgeschnitten oder der Lieblings-Keks ist zerbrochen. (Weitere Beispiele im Audio.)
Diese Wutanfälle wegen „Nichts“ sind sehr anstrengend und auch oft nicht so richtig zu verstehen, oder? Der Auslöser ist „Nichts“ oder eine Kleinigkeit und die Wut so groß und sie scheint nicht mehr aufzuhören.
Wie reagierst du klassischerweise in einer solchen Situation?
Wahrscheinlich versuchst du alles Mögliche, um den Wutanfall zu verhindern oder zu stoppen:
– an die Absprache erinnern
– nach Alternativen suchen
– logische Erklärungen geben
– drohen
– um Verständnis ringen
– um einen Kompromiss werben
– …
Erlebst du auch oft, dass du damit nicht wirklich weiter kommst?
Wütende Kinder sind mit Worten nicht erreichbar (Erwachsene übrigens meist auch nicht) und das aktiviert unser Kopfkino mit vielen Fragen:
Muss das schon wieder sein? Ich verstehe das nicht, gerade war doch alles gut!? Warum ist mein Kind so undankbar? Ist mein Kind normal? Mache ich etwas falsch?
Zu den eigenen Gedanken kommt noch der Druck von Außen: „Das musst du deinem Kind abgewöhnen, sonst tanzt es dir nur auf der Nase herum.“
Das macht die Situation nicht besser und du verstehst nicht, warum es gerade jetzt oder immer wieder zu einem so heftigen Wutanfall kommt.
Kinder haben (auch) Wutanfälle, weil sie Stress los werden wollen – das erklären wir dir näher:
Was stresst dein Kind?
Oft sehen wir Eltern die großen und „verständlichen“ Dinge, die ein Kind stressen. Aber es gibt auch viele Kleinigkeiten, die wir nicht sehen. Zum Beispiel das Wecken am Morgen, weil dein Kind in die Kita oder zur Schule muss. (Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele im Audio – hier entlang).
In vielen Momenten sind wir Erwachsenen auch zu schnell für die Kinder.
Zur Stressentlastung haben wir Menschen verschiedene Mechanismen: Lachen, Spielen, Bewegung, Sport, Zittern, Gähnen und darüber Sprechen. Kinder können noch nicht über ihre Sorgen und ihren Stress sprechen. Sie nutzen vor allem das Wüten und Weinen und auch das Lachen und Spielen.
Für ihren Stress haben sie noch keine Sprache.
Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass dein Kind dir seine Stressgeschichte über einen Wutanfall erzählt.
Als Beispiel hörst du im Audio die Stressgeschichte vom 3-jährigen Lukas. Sie erzählt vom „zerbrochenen Keks-Syndrom“ und warum Lukas wegen zerbrochenen Keksen so wüten musste. (Mehr dazu auch in meinem Blogartikel zum Thema Wut.)
Der „zerbrochene Keks“ steht für die Kleinigkeit, die die Explosion aufgestauter Dinge ausgelöst hat.
Wie kannst du auf ein Kind reagieren, das minutenlang schreit und um sich schlägt, weil zum Beispiel die Kekse zerbrochen sind? Wie kannst du dich mit dem Wissen, warum es diese „Dramen“ und Wutanfälle gibt, nun anderes verhalten.
Als Erstes:
Versuche NICHT, den Wutanfall zu stoppen! Auch wenn er eine halbe Stunde andauert, sondern begleite den Wutanfall! Bleib bei deinem Kind, bleib ruhig und nimm dir Zeit (sofern möglich), da zu sein.
Es gibt zwei sehr wichtige Wutregeln im Aware Parenting, die während einem Wutanfall zu beachten sind:
1. Es darf niemand verletzt werden. Auch das Kind selbst, darf sich nicht verletzen.
2. Es darf nichts kaputt gehen oder kaputt gemacht werden.
Diese Regeln müssen mit dem Kind besprochen werden, wenn es sich NICHT in einem Wutanfall befindet. Deshalb bespreche diese Regeln mit deinem Kind in einem geeigneten Moment, in dem ihr beide Ruhe dazu habt. Diese Regeln dienen dazu, dass ALLE während eines Wutanfalls sicher bleiben.
In der akuten Situation, kann dein Kind die Regeln nicht hören oder sie oftmals nicht einhalten (weil von seiner Wut überrollt). Daher musst du eingreifen und dein Kind stoppen, wenn es etwas kaputt machen möchte oder dir oder jemand anderem weh machen möchte.
Ganz wichtig:
Wutanfall begleiten bedeutet, dass man trotzdem eingreifen darf, wenn es gefährlich wird, ohne die Wut zu stoppen, sondern einen sicheren Rahmen für die Wut zu geben.
Dein Kind wird die Wutregeln nicht nach dem ersten Mal hören verinnerlicht haben. Du musst die Regeln immer wieder wiederholen.
Was ist für dich wichtig als Mutter / als Vater oder begleitende Person?
Stoppe möglichst dein Kopfkino.
Verbinde dich mit dir selbst:
Spürst du deinen Atem?
Spürst du, wo du selbst bist?
Bist du mit deinen Gedanken im Hier und Jetzt?
Du kannst deinem Kind am besten Halt und Orientierung geben, wenn du bei dir bist. In einer solchen Situation kannst du dich mit einem Leuchtturm vergleichen. Dein Kind ist im Wutanfall, wie in einem fürchterlich tobenden Sturm. Es braucht die Signale und die Orientierung, die der Seefahrer über den Leuchtturm findet. Du kannst deinem Kind diese Signale geben, in dem du in Ruhe und bei dir bist.
Manchmal mag dein Kind nicht, dass du neben ihm sitzt. Dann setze dich in Abstand zu deinem Kind und signalisiere, dass du da bleibst, bis es ihm wieder besser geht.
Du kannst in ruhigen und deinen eigenen Worten sagen (wenn du magst), dass du da bist, dass du es siehst und hörst und begleitest, bis es fertig ist.
Nach dem Wutanfall staune, wie es deinem Kind geht.
Es ist oft, wie wenn ein Schalter umgelegt wurde – es geht friedlich spielen, als ob nichts gewesen wäre.
Falls der Impuls kommt, mit deinem Kind das Geschehene zu besprechen … tu das nicht!
Dein Kind braucht es nicht, aber wenn du ein Redebedürfnis hast, weil du aufgewühlt bist, dann sprich mit jemand anderem darüber.
Eines ist gewiss:
Die Wut kommt natürlicherweise aus deinem Kind heraus, weil es intuitiv weiß, dass es dadurch seinen Stress entlasten kann.
Hab Mut diesen (neuen) Weg zu gehen.
Deine Anke und Ulrike
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Als Aware Parenting Expertin im deutschsprachigen Raum ist Aware Parenting für mich nicht nur eine Methode, sondern eine Lebensweise. Kinder brauchen Raum, um zu weinen, zu wüten, zu lachen und zu spielen. Und sie brauchen eine starke Bindung zu uns Erwachsenen. Es ist mein tiefes Anliegen, Eltern und Pädagogen dabei zu unterstützen. Erfahre mehr über mich oder mache es wie 17.500+ andere und abonniere meinen Newsletter mit Tipps und Angeboten für mehr (Ver-)Bindung – Inspiration – Entspannung für bewusstes Elternsein.
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