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Ohne Strafen – geht das?

Anke Eyrich
Anke Eyrich

Kennst du diese Situationen, in denen dein Kind immer „Nein“ sagt oder einfach nicht hört und dich – für dein Empfinden –  provoziert, indem es genau das Gegenteil macht von dem, was du sagst. Es zwingt dich quasi dazu eine Strafe anzudrohen, weil es einfach nicht mitmacht. Das macht dich echt hilflos…

Kinder können ohne Strafen und Belohnen als selbstbewusste Menschen ins Leben begleitet werden.

Inhaltsverzeichnis

Wenn wir hilflos werden oder es in unserer Familie schwierig wird, dann...

…neigen wir oft dazu die Verantwortung nicht zu übernehmen und sie an unsere Kinder zu delegieren.

Was meine ich damit?

Dazu möchte ich eine Aussage von Jesper Juul (dänischer Familientherapeut †2019) zitieren. Diese Aussage habe ich vor vielen, vielen Jahren gelesen und sie hat mich sehr wach gerüttelt:

„In allen Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern sind ausschließlich wir Erwachsenen für die Qualität des wechselseitigen Umgangs miteinander verantwortlich. Diese Verantwortung für die Art und Weise, wie wir in der Familie miteinander umgehen, kann weder auf die Kinder übertragen, noch mit ihnen geteilt werden. Sie liegt ausschließlich bei uns Eltern und ist mit unsere größte Verantwortung.“

 

Es ist wirklich sehr wichtig, uns das immer wieder bewusst zu machen. Also bewusst zu schauen, warum es jetzt gerade nicht klappt mit unserem Miteinander und warum du dich immer wieder dabei ertappst, dass du eine Strafe androhst:

„Wenn du jetzt nicht mitmachst, dann gehe ich alleine.“ Was passiert hier?

Schauen wir von oben oder außen auf die Situation, dann wird deutlich, dass meist unsere jeweiligen Bedürfnisse aufeinander prallen. In einer Familie mit einem oder mehreren Kinder und ein oder zwei Erwachsenen, prallen die unterscheidlichsten Bedürfnisse aufeinander. Das ist völlig normal!

Die Frage ist, wie kannst du damit mit euren unterscheidlichen Bedürfnissen umgehen? Wenn dein Kleiner die Blumenerde ausgraben will und du das im Wohnzimmer nicht möchtest!? Oder er will deinen Schrank ausräumen, weil er gerade ein Forscher und Entdecker ist. Dort liegen aber deine Lieblingspullis und es ist DEIN Bedürfnis, dass sie nicht ausgeräumt werden und das du dort Ordnung hast. Dein Kleiner möchte aber erforschen und entdecken.

Oder deine größere Tochter möchte noch ein Hörbuch anhören oder nochmal ein Video anschauen. Du sagst: „Jetzt nicht mehr, ich möchte genug Zeit haben für das Abendprogramm, das gemeinsame Essen und unsere Zu-Bett-geh-Zeit“.

Es sind hier also „nur“ zwei unterschiedliche Bedürfnisse, die miteinander in Konflikt kommen.

Spür kurz nach:

wenn du in solchen Situationen eine Strafe androhst, könnte es gut sein, dass es dir nicht gut geht?

Vielleicht bist du gerade sehr gestresst oder unter Zeitdruck oder einfach nur hilflos?

Was passiert bei Strafen?

Es ist sehr wichtig darauf nochmal ein Augenmerk zu legen. Was passiert, wenn du mit Strafe drohst oder dein Kind bestrafst?

Kinder empfinden Strafen immer als ungerecht und fühlen sich ohnmächtig! Das erzeugt zusätzlichen Stress im System.

Strafen ist Manipulation und schwächt eure Beziehung. Denn beim Strafen respektiert dein Kind weder dich noch die Grenze (oder Regel) oder deine Bedürfnisse, sondern es fürchtet die Strafe und gehorcht aufgrund dieser Angst. Nicht weil es mit dir in Verbindung ist oder kooperieren möchte. Es macht aus Angst vor der Strafe, das was du vorgibst.

Was kann ich anders machen, wenn ich nicht strafen möchte?

Zuerst möchte ich dich einladen, deine Wenn-dann-Sätze zu ersetzen. Das musst du sehr wahrscheinlich üben, weil das Selbstläufer sind.
Anstatt: „Wenn du jetzt nicht mitgehst, dann verpassen wir wegen dir den Bus und dann gibt es keine Gute-Nacht-Geschichte…“, könntest du sagen: „Ich möchte jetzt gehen, denn ich möchte den Bus noch erreichen.“

Wenn dein Kind weiterhin blockiert, könntest du sagen, „Ich trage dich jetzt kurz, denn wir müssen ein kleines Stück rennen, weil der Bus sonst weg ist und ich möchte ihn nicht verpassen!“

Es braucht die Verbindung zu dir UND zu deinem Kind und es braucht deine Klarheit und deinen Respekt für deine eigenen Bedürfnisse.
Neben dem dich spüren, ist die Verbindung mit deinem Kind wichtig, dich also immer wieder in die Welt deines Kindes hineinzuversetzen, damit du vielleicht bemerkst: „Oh, jetzt bin ich zu schnell“
– oder – „Ah, das ist gerade dein Bedürfnis.“

Oftmals müssen wir auch eine geduldige „Wanderführerin“ bzw. „Wanderführer“ sein und Dinge, Regeln und Grenzen wiederholen, und nochmals wiederholen, und nochmals wiederholen…

Macht-Umkehr-Bindungsspiele im Aware Parenting:
Kinder erleben zu viel Fremdbestimmung im Laufe ihres Tages und können dann irgendwann nicht mehr mit uns mitmachen – denn – aus ihrer Sicht, haben sie das ja schon viel zu oft. Hier helfen die Macht-Umkehr-Spiele auf geniale Weise, denn sie gleichen die Ohnmacht und Fremdbestimmung aus, denen Kinder oft ausgesetzt sind. Sie sind eine wundervolle Möglichkeit Kindern zu helfen, sich wieder selbstbestimmt und stark zu fühlen.

Hab keine Angst vor der Reaktion deines Kindes auf dein Nein oder eine Grenze von dir:

Im Aware Parenting sprechen wir von einer liebevolle Grenze, im Sinne von: Wenn dein Kind wütend wird und nicht damit einverstanden ist, mit dem was gerade dran ist, dann darf es traurig und wütend sein. Du sagst JA zu seiner Reaktion und du kannst diese Gefühle begleiten. Oftmals nutzt dein Kind dein NEIN oder deine Grenze, für einen sogenannten „broken cookie“, also einen Wutanfall aufgrund deines Stopps oder aufgrund einer anderen „Kleinigkeit“, um seinen Stress los zu werden durch sein Weinen oder seinen Wutanfall.

Nun hoffe ich, dass du mit meinen Gedanken auftanken konntest und du neu oder anders auf die nächste NEIN-Situation in deinem Alltag reagieren kannst.


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Anke Eyrich - Expertin für Aware Parenting Familienberatung

Anke Eyrich​

Als Aware Parenting Expertin im deutschsprachigen Raum ist Aware Parenting für mich nicht nur eine Methode, sondern eine Lebensweise. Kinder brauchen Raum, um zu weinen, zu wüten, zu lachen und zu spielen. Und sie brauchen eine starke Bindung zu uns Erwachsenen. Es ist mein tiefes Anliegen, Eltern und Pädagogen dabei zu unterstützen. Erfahre mehr über mich oder mache es wie 17.500+ andere und abonniere meinen Newsletter mit Tipps und Angeboten für mehr (Ver-)Bindung – Inspiration – Entspannung für bewusstes Elternsein.

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